Was passiert wenn die Sonne nicht mehr scheint

Wenn ich in unserem Vereinsheft einen Bericht schreibe, dann handelt dieser meistens von neuen Funden und der Suche nach den begehrten Bergkristallen. Gerne möchte ich aber diese Gelegenheit nutzen, um ein paar Zeilen zu zwei Ereignissen, welche mich in dieser vergangenen Strahlnersaison 2022 zum Nachdenken inspiriert haben, zu Texte bringen.

 

Das erste Ereignis ereignete sich am Samstag den 30.Juli 2022. Bruno, Kurt und ich gingen hoch in unser Biwak. Von da starteten wir unseren Streifzug, durch die Felsrippen in unserem Strahlnergebiet. Bruno lief direkt zu einer Stelle, welche wir in der Vorwoche gefunden hatten. Kurt und ich trennten uns dann auch, um uns am Nachmittag bei der Kluft von Bruno zu treffen. Im Unterland hatte der Wetterbericht eine Temperatur von 25 Grad Celsius vorausgesagt. Der Nordföhn und die daraus resultierenden kälteren Temperaturen im Gebirge, hat Herr Bucheli in der Sendung Meteo jedoch nicht erwähnt. Schon bald kam ich in die Nähe des Gletschers und spürte diesen besagten Nordföhn. Der bissige Wind ging mir durch Mark und Bein und liess meine Körpertemperatur sinken. Die Wolken, welche von Zeit zu Zeit die wärmenden Sonnenstrahlen verdeckten, halfen diesem Umstand auf keiner Art und Weise. Schnell habe ich meinen Pullover, welcher natürlich im unteren Teil des Rucksackes war, angezogen. Meine geplante Route führte auf der rechten Seite des Tiefengletschers entlang bis hin zum Tiefenstock. Sobald ich in Bewegung war ging es einigermassen. An ein richtiges Absuchen von verdächtigen Stellen, war jedoch nicht zu denken. Von Zeit zu Zeit fanden die Sonnenstrahlen einen Weg an den Wolken vorbei und liessen die gefühlte Temperatur steigen. Dieser Effekt erhöhte auch meine Motivation zum Weitersuchen. Gegen Mittag kam ich dann in die Nähe von Brunos Arbeitsstelle. Er hatte sogar die Regenjacke + die Kappe angezogen. Ein kleines schmunzeln entwich mir über die Lippen und ich war froh, dass ich nicht der Einzige war, der die Temperatur als Kalt empfand. Den obligaten Willkommensschnupf liessen wir dann ausfrierenden Gründen aus. Es war wirklich sehr kalt und die wärmenden Sonnenstrahlen vom Morgen kamen auch nicht mehr. Bruno arbeitete mit Schlegel und Spitzeisen an der Stelle. Abwechslungsweise wechselten wir uns dann ab beim Vortrieb in die Kluft hinein. Hin und wieder konnten wir den Einen oder anderen Spitz bergen, was uns wiederum den Anlass gab weiterzumachen.

Kurt kam dann auch von seiner Runde zurück und meinte zitternd: «Also wenn das die spanische Hitze ist, dann sei er der Sultan aus dem Osten». Wir stellten uns kurz die Frage was wir hier oben auf dieser Höhe bei solchen Temperaturen überhaupt machten. An ein absitzen, um eine Kleinigkeit zu essen, war nicht zu denken. Gegen 15:00 Uhr verliess uns auch die letzte Motivation und wir stellten die Arbeit an der Kluft ein. Nun mussten wir noch die geborgenen Kristalle verpacken. Eine Tätigkeit welche bei normalen Temperaturen bei allen Strahlern sehr beliebt ist, stellte sich an diesem Tag eher als Tortur dar. Danach gingen wir zurück ins Biwak. Das Kaffee im Biwak wärmte uns dann auf. Eine heisse Suppe dazu sorgte für den ähnlichen Effekt. Ich glaube ich war noch nie so froh im Biwak zu sein. Da es ein Samstag war stiegen wir dann hinunter ins Tal.

Das zweite zum Nachdenken anregende Ereignis ereignete sich so ca. 2 Wochen später im August 2022. Wir sassen am Abend gemütlich in unserem Biwak. Zum Abendessen gab es ein feines Fondue. Mit der zunehmenden Dunkelheit frischte der Wind auf. Die Temperaturen gingen langsam zurück. Nach dem sich Bruno ausgeklinkt hat, respektive seine Hörgeräte ausschaltete, versuchte ich einzuschlafen. Der Wind bliess ins Biwak und ich verkroch mich so richtig in meinem Schlafsack. Über den Schlafsack hatte ich noch ein paar Kleider gelegt. Regelmässig erwachte ich und hatte immer noch kalt. Es war eine helle und sternenklare Nacht. Bei jedem Erwachen hoffte ich, dass die Nacht schnell Vorüber zieht. Das letzte Mal erwachte ich um 06:00 Uhr und ich dachte: «noch eine Stunde und dann kommt endlich die wärmende Sonne. Als ich dann wieder erwachte schien mir tatsächlich die Sonne ins Gesicht. Ein Gefühl, welches ich selten so gespürt habe, erfüllte meinen Körper. Jede Minute merkte ich wie mir wärmer wurde. Nach einer viertel Stunde Sonnenschein kroch ich dann auch aus dem Schlafsack. Bruno war schon aufgestanden und das Wasser für den Kaffee siedete bereits. Zusammen assen wir eine Kleinigkeit und genossen den Morgen, bis wir dann auf eine weitere Strahlnertour aufbrachen.

Wie erwähnt haben mich die beiden Ereignisse zum Nachdenken animiert. Im Zeitalter der modernen Computertechnik googelte ich den Satz «was passiert, wenn die Sonne nicht mehr aufgeht». Den Inhalt zu meinen Suchergebnissen habe ich euch in den folgenden Sätzen zusammengefasst.

Licht und Wärme der Sonne entstehen bei der Kernfusion, die in ihrem Inneren abläuft. Vereinfacht gesprochen werden Wasserstoffatome zu Heliumatomen verschmolzen und dabei riesige Mengen von Wärme und Energie freigesetzt. Die Sonne ist eine gigantische Energiequelle, die Licht und Wärme ins Weltall strahlt. Wenn die Sonne verschwindet, würden wir es auf der Erde zunächst einmal acht Minuten später mitbekommen, da die Sonnenstrahlen diese Zeit benötigen, um zu uns auf die Erde zu gelangen. Die Menschheit würde dieses Szenario tatsächlich überleben können, zumindest was den Sauerstoff angeht. Er würde noch für einige Tausend Jahre reichen. Allerdings wäre ein extremer Temperaturrückgang die Folge. Innerhalb einer Woche hätte die Erde eine Durchschnittstemperatur um den Gefrierpunkt, also gut 15 Grad kälter als jetzt. Binnen eines Jahres fröre die Erde auf eine Durchschnittstemperatur von minus 73 Grad. Alle Niederschläge würden als Schnee fallen. Dabei frieren auch die Ozeane rasch zu. Nur in sehr großer Meerestiefe wäre noch Wasser vorhanden, in dem noch Organismen leben würden. Wir Menschen hätten es da schon deutlich schwerer. Auf der Oberfläche könnten wir nicht mehr existieren. Nach 10 Jahren wäre unser Planet auf eine Temperatur von minus 220 Grad abgekühlt. Dabei kommt es nun auch in unserer Atmosphäre zu Veränderungen. Denn bei dieser Temperatur beginnt der Sauerstoff zu kondensieren, und die Luft fällt wie Schnee vom Himmel.

Bei dieser Recherche wurde mir wieder einmal bewusst, dass wir Menschen nur einen kleinen Teil der Geschichte sind. Die Sonne ist für uns lebenswichtig.

Als Hobbystrahler kann ich im Normalfall die schönen Tage zum Strahlnen aussuchen. Anders sieht es wohl bei den Berufsstrahlner aus, welche den Lebensunterhalt ganz oder teilweise mit den kostbaren Schätzen der Bergwelt verdienen. Die Tätigkeit als Berufsstrahlner hat für mich nach diesen Ereignissen einen höheren Stellenwert erhalten. Hoffen wir, dass die Sonne noch lange für uns alle scheinen mag.